So, hier mal wieder medienpädagogische Bildung. Große Skandale und panikartige Löschungen von Profilen bei Facebook. Und wieder die Frage: Geht Datenschutz heutzutage noch? Und warum überhaupt die persönlichen Daten schützen?
Zum 01.02.2015 treten die neuen umstrittenen Datenverwendungsrichtlinien von Facebook in Kraft. Facebook erklärt es mal ausführlich auf dieser Seite.
Kurz worum geht es:
1.) Facebook führt einen Bezahlbutton ein, den es in Deutschland aber bisher noch nicht gibt! (es ist auch unklar wann er denn kommt). Der braucht neue Bestimmungen. Die Bezahlfunktion soll man für sein Profil deaktivieren können. Aber solang er nicht da ist, kann man auch nichts deaktivieren. Datenschutzrechtlich sind Geldgeschäfte im Netz immer schwierig. Banken verwenden einen Haufen Geld und Aufwand, um Kontoverbindungen zu schützen. Macht Facebook das auch?
2.) Facebook will mehr Daten von uns auswerten, auch über die eigene Plattform hinaus. Zu Facebook gehören die nicht ganz unbedeutenden Plattformen Instagram und WhatsApp. Auch wenn Facebook beteuert, das die Daten nicht untereinander ausgetauscht werden sollen, räumen sich die Datenverwendungsrichtlinien genau dieses Recht eben ein. Ähnlich wie der „Gefällt mir Button“ von Facebook auch schon auf fremden Seiten gewildert hat, ist das faktisch ein Freibrief mit welcher Technik auch immer das Nutzerverhalten im allgemeinen im Netz auszulesen.
Wie kann ich mich wehren?
In Facebook selber:
Ich kann einige Funktionen in den Facebook-Einstellungen abstellen die mit Werbung, Datenverwendung und so zu tun haben. Die gab es auch vorher schon, aber es lohnt immer mal wieder zu überprüfen, ob die Einstellungen auch noch so sind, wie ich sie haben will.
Hier verweisen wir mal auf die Seite von mimikama.at zu Einstellungen im Facebook.
Im Browser …
…kann ich grundsätzlich Cookies abstellen oder nur einzelnen Seiten erlauben. Komfortabel geht das auch mit Browser-Plugins wie No Script oder Ghostery. Ganz kritiklos sollte man aber auch diese Plugins nicht verwenden, hat Ghostery doch auch Kanäle zu Werbetreibenden (die ich aber selber aktivieren muss). Diese zeigen mir auch, wer eigentlich sonst noch mein Nutzungsverhalten ausliest.
Nachteil: Es kann sein, dass einige Funktionen auf den Seiten dann nicht mehr funktionieren.
Ich kann natürlich auch einen eigenen exklusiven Browser für das Surfen mit Facebook verwenden, da die Cookies in der Regel nicht Browserübergreifend agieren. Mit Chrome, Firefox, MSInternet Explorer, Opera, Safari und noch einigen anderen kleineren Browsern stehen mit eigentlich eine Menge Alternativen zur Verfügung. So kann ich den Datenhunger von Facebook ein wenig einschränken.
Auf dem Smartphone/Tablet …
… habe ich verloren! Erst hat uns Facebook gezwungen zwei Apps zu nutzen (Facebook und Messenger) und ich habe keine Rechte die Apps in ihren Berechtigungen einzuschränken, es sei denn ich roote mein Handy und verliere meinen Garantieanspruch damit. Hier scheint es derzeit tatsächlich so: Nutz es und vertraue – oder lass es und deinstalliere!
Bewertung:
Irgendwie müssen wir uns damit auseinandersetzen, dass das Internet genauso funktioniert: Wir werden gnadenlos ausgewertet und Computer können das einfach extrem schnell und gut. So verdienen die Dienste ihr Geld und stellen uns dafür immer genialere Software zur Verfügung. Google hat 2013 seine Datenschutzbestimmungen in eine ähnliche Richtung verändert. Wer also die Facebook Datenverwendungsrichtlinien nicht will, der sollte eigentlich gleich sein Android-Handy in die Tonne schmeißen.
Es klingt grausam, aber offensichtlich ist das Internet der Kontrollverlust und nur Transparenz ist der einzige Schutz gegen Verletzung. (Hier mal ein Buchhinweis auf Michael Seemann alias mspro) Das extremste Beispiel aktuell ist vielleicht die Dänin Emma Holten, die als Antwort auf gestohlene und veröffentlichte Nacktfotos selber welche machte und sie selber mit einer Botschaft veröffentlichte. Respekt!
Trotzdem gibt es Grenzen, Scham, berechtigte Rückzugsräume auch im Digitalen, das sagt auch Emma Holten. Da müssen wir Großkonzerne aussperren. Insofern sehe ich die vielen Profil Löschungen derzeit auch als politischen Protest.
Allerdings geht es nicht um das „sein lassen“. Wir können ohne das Internet nicht mehr leben!
Es geht um das kritische bewusste Nutzen. Fangen wir an es zu lernen und zu tun! Und nutzen wir die kritische Kraft junger Menschen! Medienpädagogik war noch nie so wichtig wie heute!
Wer dazu Beiträge hier veröffentlichen will, immer her mit.
Lambert Zumbrägel „Medienfachberatung“